Gustav Groeningen kam am 21. Juli 1888 in Aachen zur Welt. Seine Mutter starb, als er 16 Jahre alt war. Im Februar 1909 erhielt er sein Entlassungszeugnis der Handelsabteilung beim Realgymnasium Aachen, um sich laut eines darauf verzeichneten Vermerks „dem Studium der Handelsfächer zu widmen“. Dieses Vorhaben realisierte er und schloss 1913 die Städtische Handels-Hochschule Köln mit der Kaufmännischen Diplomprüfung ab.[1]
Groeningen besuchte danach die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften Frankfurt am Main. Den Übergang zur Stiftungsuniversität sollte Groeningen jedoch nicht mehr erleben. Am 15. August 1914 zog er von Offenbach aus in den Krieg. Zunächst einem Sanitätsdienst zugewiesen, meldete er sich Ende September freiwillig zum Frontdienst. Nach einem Gefecht in Frankreich am 16. November 1914 verstarb Groeningen am Morgen des darauffolgenden Tages im Feldlazarett infolge einer Schussverletzung.
Zu Ehren seines Sohnes gab der Vater Kilian Groeningen im Januar 1915 ein Gedenkheft heraus, welches Informationen zu diesem Einzelschicksal enthält. Der Vater druckte Depeschen mehrerer Kameraden seines Sohnes ab und schuf so eine Erinnerung an seinen Sohn. Die Broschüre gewährt, dank detailgetreuer Schilderungen der Kriegskameraden, auf zwölf Seiten spannende Einblicke in die letzten Stunden Groeningens.
Unteroffizier Georg Schwab berichtet von dem französischen Angriff in einem Waldgebiet und Groeningens Versuch, einem verwundeten Kameraden beizustehen. Dabei traf jedoch eine Kugel seine rechte Hüfte und den Unterkörper. Bei Groeningens Bergung wurde ein weiterer Soldat durch einen Kopfschuss getötet, sodass Schwab zunächst mit dem Verwundeten auf sich alleine gestellt war. Schwab erinnert sich:
„Die Franzosen mussten uns bemerkt haben, an den gehäuft vorbei pfeifenden Kugeln ersah man das. Ich hängte nun meinen Arm in den Ihres Sohnes, welcher mit den Händen nachhalf, und so kamen wir glücklich hinter den Verhau. […] Endlich kamen wir aus dem Bereich des Granatfeuers. Ihr Sohn ward sichtlich beruhigt, denn Verwundete haben grosse Angst vor Geschossen, weil sie sich nicht wehren können. Der Weg zur Strasse war mir zu weit, da ich Angst hatte, der Verletzte könnte sich verbluten. Ihr Sohn war immer bei Bewusstsein und klagte die ganze Zeit nicht mehr, auch sagte er mir auf Befragen, dass er keine Schmerzen mehr habe. Nachdem ich ihm die Hose zerschnitten, verband ich die Wunde, so gut es ging. Der Schuss ging von rückwärts durch die Weichteile. Ich war der Überzeugung, dass GUSTAV wieder gesund würde.“[2]
Doch der Kamerad irrte. Trotz schneller Hilfe und Behandlung im Feldlazarett erlag Groeningen seinen Verletzungen. Sein Vater ließ den Offiziersanwärter in Aachen neben seiner Mutter bestatten.
Die Mühen zu seinem Andenken zeugen von der zu Beginn des Krieges noch bestehenden Euphorie und dem Glauben an einen kurzen Krieg. Indem jedoch mehr und mehr Soldaten fielen, änderte sich auch der Aufwand und die Einstellung gegenüber individuellen Andenken. Gustav Groeningen ist einer von jenen frühen Kriegsgefallenen, zu deren Erinnerung man keinen Aufwand scheute. Später überwog die Erleichterung über das Ende des Massensterbens, weshalb auch kollektive Denkmäler in den Fokus der Gesellschaft gerieten.
„Sie hat ihn weggerissen, er liegt zu meinen Füßen, als wär’s ein Stück von mir.“ – nach Carl Zuckmayer
[1] UAF Abt 604, Nr. 534, Bll. 1-2.
[2] UAF Abt. 604, Nr. 534, Bl. 9.